Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Die erste Verfolgung (Apostelgeschichte 4:1- 12)

Lesedauer: 9 Minuten

Und es ist in keinem anderen das Heil, denn auch kein anderer Name ist unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in welchem wir errettet werden müssen.”

Apostelgeschichte 4:12

Der Tumult, der durch die Heilung des Gelähmten durch Petrus und Johannes hervorgerufen wurde, und die Ansammlung von gläubigen Zuhörern ihrer Ansprache brachte für die Apostel ein neues Problem mit sich. Die religiöse Feier der Priester wurde mehr oder weniger durch die Unruhe unterbrochen, und sie wurden ärgerlich denen gegenüber, die Aufmerksamkeit von ihnen und ihrem Dienst abzogen; auch die für die Ordnung im Tempel Verantwortlichen waren aufgeschreckt. Sie traten auf den wortführenden Apostel und die Menge zu und verhafteten die drei Verursacher des Tumults, damit die Sache untersucht werden sollte. Es ging auf den Abend zu, und so war es zu spät, die Mitglieder des Synedriums zusammenzurufen. Die drei, die von Gott und Christus Zeugnis gegeben hatten, wurden im Gefängnis in Gewahrsam genommen, nicht als Verbrecher, sondern für eine Untersuchung. Die Gefangenen hätten ihre Situation vom Standpunkt Ungläubiger betrachten können und hätten sich und den anderen sagen können: Gott hat unser Werk nicht gebilligt und hat daher zugelassen, daß wir nun festgenommen und eingekerkert sind. Und jetzt wissen wir nicht, wohin das am nächsten Tag führen wird, denn die Leute, die unseren Herrn gekreuzigt haben, kreuzigen uns vielleicht auch.

Oder, angenommen sie hätten nicht geglaubt, sie hätten auch denken und zueinander sagen können: Schließlich, mit welchem Recht denken wir, daß Gott mit dieser Angelegenheit irgendwie zu tun hat? Wir sind so wie alle Menschen und haben nur eine neue Art und Weise gefunden, wodurch Naturgesetze zur Heilung Kranker wirken. Tatsächlich ist Gott mit diesem Werk nicht befaßt, denn wenn Er es wäre, hätte Er nicht zugelassen, daß wir in diese schlimme Lage kommen, während wir uns bemüht haben ihm zu dienen und die frohe Botschaft zu verkündigen. – Doch wir können ganz gewiß annehmen, daß die Gedanken und Worte der Gefangenen in eine völlig andere Richtung gingen. Erfüllt von Glauben waren sie sich ohne Zweifel bewußt: Wir wissen nicht, wie der Herr diese Ereignisse etwa benützt, die nachteilig für uns und eine Unterbrechung Seines Werks zu sein scheinen; aber bestimmt wird Er sie in irgendeiner Form gebrauchen, um Seine Sache voranzubringen und mehr Menschen mit Seiner Wahrheit zu erreichen.

Tatsächlich beabsichtigte der Herr durch dieses scheinbare Verhängnis den Aposteln eine noch bedeutendere Gelegenheit zu bieten, daß sie am nächsten Tag für die Wahrheit Zeugnis ablegen konnten, nämlich einem Personenkreis zu predigen, den sie sonst nicht erreicht hätten: der Priesterschaft, den Führern des Volkes im Synedrium und allen, die an ihren Sitzungen teilnahmen. Als die Ratsversammlung am nächsten Morgen zusammentrat, waren auch Annas, der Hohepriester, und Kaiphas, sein Sohn, unter den siebzig Mitgliedern, alles Repräsentanten der einflußreichen Gesellschaft in Jerusalem. Dieses Gremium hatte ca. zwei Monate zuvor unter dem Vorsitz von Annas die Verhandlung des Meisters durchgeführt. Dennoch waren die Apostel erkennbar nicht eingeschüchtert durch die Würde des Gerichts; der Herr erfüllte Seine Verheißung an ihnen: „… und auch vor Statthalter und Könige werdet ihr geführt werden um meinetwillen, ihnen und den Nationen zum Zeugnis. Wenn sie euch aber überliefern, so seid nicht besorgt, wie oder was ihr reden sollt; denn es wird euch in jener Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt.” – Matthäus 10:18 und 19 Daß Petrus als ihr Sprecher Anleitung von oben bekam, läßt sich dem Ausspruch „erfüllt vom heiligen Geist” entnehmen.

Hier sollte man auch festhalten, daß die Partei der Juden, die unseren Herrn ganz besonders verfolgten, die Gruppe der Pharisäer war, die heiligmäßigen Leute damals, deren Gegnerschaft zu den öffentlichen Aussagen unseres Herrn auf ihrer Heuchelei beruhte. Die Sadduzäer wiederum hatten im allgemeinen weniger Interesse an einer Verfolgung. Wie jedoch aus der Apostelgeschichte hervorgeht, scheinen die Verfolgungen weitgehend von den Sadduzäern ausgegangen zu sein. Diese kann man kaum als religiöse Gruppierung bezeichnen, denn sie leugneten die Auferstehung aus den Toten und auch die Existenz von Geistwesen und glaubten im Wesentlichen an eine Religion nur für das gegenwärtige Leben. Die Sadduzäer waren die damaligen Politiker. Ihnen als den politischen Köpfen des jüdischen Volkes war am Einklang mit dem römischen Imperium gelegen.

Der Geschichtsschreibung nach waren der Hohepriester und seine Familie und die einflußreichen Führer im Staat Sadduzäer. Daher ist klar, daß die Verkündigung von Jesu Auferstehung und von einer Geistesmacht, durch die Jesus in den Aposteln wirkte zur Heilung eines von Geburt lahmen Menschen, ein Ärgernis für diesen Personenkreis war, denn dies stand kraß im Widerspruch zu ihrem Glauben und ihrer Lehre.

Wir müssen auf jeden Fall hier festhalten, daß eines der von den Aposteln gelehrten Kernthemen des Evangeliums die Verkündigung der Auferstehung ist, daß Christus von den Toten auferstanden ist, und daß durch ihn zu gegebener Zeit nicht nur Gläubige aus dem Grab auferweckt werden sollen, sondern daß schließlich die ganze Menschheit vom Tode befreit wird. Die Apostel sagen auch, daß ausnahmslos alle ohne Einschränkung am Gericht oder den Prüfungen für das ewige Leben, das ihnen durch Christi Lösegeld gesichert wurde, teilhaben werden. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Sadduzäer gegen diese neue Lehre besonders aufgebracht waren, die ihren Überzeugungen entgegenstand und teilweise ihre Gegner in religiösen Dingen, die Pharisäer, unterstützte.

Eigentlich mutet es seltsam an, daß wegen der Heilung eines Behinderten eine gerichtliche Untersuchung stattfinden sollte. Doch der zu verhandelnde Gegenstand war offenbar, die Apostel, wenn möglich, wegen Geisterbeschwörung, Zauberei, schwarzer Kunst zu verurteilen, denn nach dem Gesetz mußte ein Hexenmeister oder Zauberer oder Geisterbeschwörer, ein Medium, mit dem Tode bestraft werden.

Wenn Petrus voll Angst gewesen wäre, hätte er nicht so zu diesem Gerichtshof gesprochen, wie er es tat, oder er wäre selbstgefällig und prahlerisch aufgetreten, und seine Rede wäre sicher unklug und unbesonnen gewesen. Doch er war mit dem Heiligen Geist erfüllt, dem Geist der Sanftmut, Geduld, Freundlichkeit, Langmut, brüderlicher Liebe, und durch diesen Geist geleitet, waren seine Worte schön, sowohl durch ihre Einfachheit und Direktheit als auch ihre kühne Sanftheit. Sein Eröffnungssatz war, so könnte man meinen, leicht ironisch, denn es ging um ein Verhör wegen einer guten Tat; doch wie schon bei anderen Anlässen ging er sofort dazu über, für sich und Johannes jegliche Macht, jegliche eigene Verfügung in dieser Sache in Abrede zu stellen, und er betonte, daß dieses Wunder im Namen, in der Autorität und durch die Macht von Jesus von Nazareth geschehen ist. Auch dieses Mal schämt er sich nicht zu bekennen, daß der, in dessen Namen er spricht, geringschätzig der Nazaräer genannt wurde. Und er fügt hinzu, daß er ein Nachfolger des Mannes ist, der als Verbrecher gekreuzigt worden ist. Er sagt nur die reine Wahrheit, daß nämlich dieser Gerichtsrat für den Tod von Jesus verantwortlich ist, und stellt dies ohne Schärfe und Bitterkeit dar.

Petrus wies darauf hin, daß Gott Jesus von den Toten auferweckt hat, um den Beweis zu erbringen, daß sie mit ihrer Verurteilung falsch gehandelt haben, und ohne auf die Frage einzugehen versicherte er dann seinen Zuhörern, daß dieser Jesus, den sie verachteten und abwiesen, dennoch von Gott als „Eckstein” des Tempels, den Gott im Begriff war zu errichten, eingesetzt worden war. Damit lenkte er ihr Denken direkt auf einen messianischen Psalm – Psalm 118:22 -, den sie kannten, und wies auf dessen Erfüllung in Christo hin. Er erklärt: „Es ist in keinem anderen das Heil.” Der Ausdruck „das Heil” sollte für seine Zuhörer den Sinn haben: das Heil, auf das wir, das Volk der Juden, gewartet haben und wonach wir uns gesehnt haben, ein Heil für unser Volk, und ein individuelles Heil im Reich Gottes.

Festzuhalten ist hier auch die inspirierte Äußerung des Apostels: „Und es ist in keinem anderen das Heil, denn auch kein anderer Name ist unter dem Himmel … in welchem wir errettet werden müssen.” – Apostelgeschichte 4:12 Eine harte Lektion für seine Zuhörer. Es mußte eine große Umwälzung ihrer Theorien, Hoffnungen, Ziele, Pläne und Vorhaben bedeuten und hätte ausgesagt, daß lange Zeit hindurch ihre Erwartungen falsch, gänzlich falsch waren. Es hätte auch bedeutet, daß sie, die Lehrer, Gottes Plan falsch dargestellt hatten und das Volk irregeführt hatten. Das Vorgehen des Apostels hingegen war einfach und klar. Es war richtig, die Sache sauber darzustellen, ohne verschwommene Angaben, damit seine Zuhörer ein umfassendes Zeugnis der Wahrheit bekamen.

Die Worte des Apostels sind auch heute in den nominellen Kirchen noch „eine harte Rede”. – Johannes 6:60 Falsche Lehren haben dazu geführt, daß sie allgemein in den Köpfen von Christen als unlogische Aussage erschienen sind. Sie sagen: das kann so nicht stimmen, denn wenn es wahr wäre, würde es bedeuten, daß die Heiden verloren sind. Wenn es wahr wäre, würde es bedeuten, daß unsere Freunde, Nachbarn und Verwandten, die nie an Jesus geglaubt haben, die ihn nie als ihren Erretter angenommen haben, verloren sind – und unter „verloren” verstehen sie die ewige Qual. Doch wie schön und einfach und in keinem anderen Sinn sind die Worte des Apostels aufzufassen, wenn jeder realisieren würde, daß die ganze Menschheit längst verloren war, längst verurteilt durch den ungehorsam eines Menschen, sie stand unter dem Urteil zum Tode und sank in den Tod. Petrus’ Aussage ist die, daß nur diejenigen, die Jesus angenommen haben, jetzt unter die Bedingungen der einzigen von Gott vorgesehenen Errettung kommen: Da Jesus „den Tod für alle geschmeckt hat”, ergibt sich, daß jeder Mensch zu gegebener Zeit Gelegenheit bekommen wird, von jenem einzigartigen Namen Kenntnis zu erlangen und diese alleinige Errettung anzunehmen. Diese Gelegenheit wird sich, der Schrift nach, im Tausendjahrreich des Messias ergeben, wenn „die Erkenntnis Gottes den ganzen Erdkreis erfüllen wird” und „alle Geschlechter der Erde gesegnet werden” durch den verherrlichten
Christus, vereint mit seiner verherrlichten Kirche, dem geistigen Samen Abrahams. – Galater 3:16 und Jeremia 31:34

Von den inneren Widersprüchen der aus den dunklen Zeitaltern stammenden Lehren verblendet schlagen sich viele aus dem nominellen Volk des Herrn mit der Frage herum, wer nun eigentlich errettet ist, und ob es viele oder wenige sind, und erkennen dabei nicht, daß der größere Teil von Gottes Heilsplan erst nach der Berufung und Vollendung der Herauswahl verwirklicht werden soll. Ihrer Meinung nach enden nach diesem Leben alle Prüfungen für jedes Geschöpf; und so reden sie sich ein, daß der Apostel irrte, und daß es statt eines Namens, in dem das Heil gegeben ist, viele Namen gibt, einschließlich der von heidnischen Gottheiten und Lehrern. Sie beachten nicht den Aspekt des Lösegeldes und seine Bedeutung, das den Weg bereitet hat für eine Verkündigung von Wert und Hilfe im Leben. Sie hegen die leere Hoffnung, daß die Geistlichkeit von Konfuzius und anderen sie irgendwie erretten wird, weit entfernt von Christus, den die Schrift als Gottes vorgesehenen Erretter für die ganze Welt ausweist, und von dem Petrus, geleitet durch die Eingebung des Heiligen Geistes, sagt, daß einzig und ganz ausschließlich in seinem Namen das Heil zu erlangen ist. Diese falschen Hoffnungen verdecken den Blick von vielen, so daß sie nicht mehr nach der von Gott verordneten „Sonne der Gerechtigkeit” Ausschau halten, deren Strahlen, wie uns verheißen wurde, binnen kurzem alle erleuchten und segnen wird. – Maleachi 4:2

Der Prüfstein für die Heiligen jetzt am Ende des Zeitalters ist ganz offensichtlich diese Aussage: Gauben oder Nicht-Glauben an das Zeugnis, das uns Gott durch Seinen Sohn und durch Seine auserwählten Apostel, die Zwölfe, gegeben hat. Wer dem Wort des Herrn treu anhängt, wird als Überwinder hervorgehen; wer menschlichen Theorien oder vermeintlicher Weisheit nachgibt, wird scheitern, wird straucheln, wird nicht zum wahren Weizen gehören, dem Überrest, der binnen kurzem in die Scheune eingesammelt wird. Wir danken Gott, daß dieses Straucheln und dieser Unglaube nicht den Zweiten Tod der Strauchelnden bedeuten, denn sehr wenige Menschen haben jetzt dieses hohe Maß an Licht und an Möglichkeiten, die die Voraussetzung wären für eine Verurteilung zum Zweiten Tod; sehr wenige werden aufs äußerste geprüft. Wir müssen uns selbst jedoch streng prüfen, ob wir zu den wenigen in Gnade Angenommenen zählen, die das gute Wort Gottes geschmeckt haben, und denen der Heilige Geist zuteil geworden ist. Wir tun gut daran, uns an die Warnung des Apostels zu erinnern, daß es für diejenigen, die diese Gnade geschmeckt haben, sollten sie abfallen und Gottes Gnade verschmähen, keine Möglichkeit zur Reue mehr gibt. – Hebräer 10:29