Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Geistiger Hochmut

Lesedauer: 15 Minuten

„Die Liebe tut nicht groß, bläht sich nicht auf.”

1. Korinther 13:4

Groß zu tun oder sich aufzublähen ist für Gott in allen Fällen unannehmbar, aber besonders bei solchen, die sich auf Christus berufen. Ein solches Verhalten liefert den Beweis von Hochmut, und Hochmut ist ein Nebenprodukt von kultivierter Selbstsucht. Der selbstsüchtige Geist sucht letztendlich ängstlich nach allem, was als wertvoll und befriedigend erscheint, wie Reichtum, Ruhm und Auszeichnung unter den Menschen. In dem Maß, in welchem er erfolgreich ist, dies zu erlangen, folgt schon bald die Neigung, sich selbstgefällig, unabhängig und größer als andere zu fühlen. Unter einigen wird Hochmut gepflegt, bis sich dieser zu ausgefallenen Gedanken eingebildeter Bedeutung ausweitet.

Die Stolzen erkennen nicht, wie schwierig es für andere ist, sie zu lieben, oder wie wirklich unwichtig sie in den Augen anderer erscheinen. Es wundert uns nicht, daß der weise Salomo erklärte: „Vor dem Verderben (kommt) Stolz, und Hochmut vor dem Fall.” – Sprüche 16:18 Dies ist wahr, weil die egoistisch gesinnten Menschen ihren Wert und ihre Fähigkeiten überschätzen, und wenn sie auf der Waage gewogen werden, lassen sie traurigerweise einen Mangel an einem göttlichen Charakter erkennen.

Derjenige, der ehrenhaft und ernsthaft seinen Wert beurteilt, kommt der Wahrheit viel näher als derjenige, der sich selbst überschätzt. Wenn wir die Angelegenheit nüchtern zu betrachten versuchen, bemerken wir, daß wir von Natur aus alle gefallen und durch die Sünde erniedrigt sind, und daß wir sogar von unserer besten Seite in jede Richtung nicht den Maßstäben der Vollkommenheit genügen. Wir haben wirklich nichts, mit dem wir prahlen könnten. Wir müssen daher, wenn wir uns selbst mit anderen vergleichen, unsere Fähigkeiten nachdenklich und zurückhaltend einschätzen.

Hochmut zeigt sich in verschiedenen Graden, und gewöhnlich bemerken es diejenigen nicht, die von diesem allgemein verbreiteten Übel befallen sind. Die Tatsache, daß jemand kein hochmütiges Aussehen zeigt, noch einen allwissenden Geist, bedeutet nicht, daß es nicht einen im Herzen vorhandenen Hochmut gibt. Das Fehlen von äußerlichen Anzeichen dieser Eigenschaft ist kein ausreichender Grund, zu glauben, daß jemand frei von solch einer Heimsuchung ist.

Hochmut und Stolz zeigen sich auch auf verschiedene Weise. Zum einen durch Sturheit, in welcher Personen mit starkem Willen ihren eigenen Weg durchzusetzen wünschen. Verletzte Gefühle zeigen, daß wir wünschen, daß andere gut von uns denken. Das Gleiche bewahrheitet sich bei jenen, die heuchlerisch oder unaufrichtig sind. Prahlerei ist eine deutliche Form von Hochmut, die oft Besitztümer, Wissen, Errungenschaften und die Ehre von Menschen beinhaltet.

Geistiger Hochmut unter Christen

Der Hochmut, den wir oft in der Welt finden, der zumeist auf törichtem Denken beruht, wird zu einer viel ernsteren Angelegenheit, wenn er unter dem geweihtem Volk des Herrn zu finden ist. Diejenigen, die in der Welt im allgemeinen davon betroffen sind, stehen in der gegenwärtigen Zeit nicht im Gericht wie das wahre Volk Gottes. Wir leben an dem „Tag der Errettung” für die Kirche, daher findet jetzt Gericht an dem „Haus Gottes” statt. – 2. Korinther 6:2 und 1. Petrus 4:17

Wahre Christen haben keinen Grund stolz zu sein oder sich selbst zu rühmen, denn sie besitzen nichts, das sie nicht bekommen haben. – 1. Korinther 4:7 Alles, was sie haben, alles, was sie sind, und alles, was sie sich erhoffen, kommt von Gott. Er hat Sein Volk gesegnet und bereichert. Er hat sie „heraufgeholt aus der Grube des Verderbens, aus Schlick (und) Schlamm”, und hat ihre Füße auf einen Fels gestellt, „und der Fels war Christus”. Er hat sie bekleidet, „mit Kleidern des Heils”. – Psalm 40:2, 1. Korinther 10:4 und Jesaja 61:10

Der Apostel Paulus sagte, daß Gott uns „gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt in Christus”. – Epheser 1:3 Wie insgesamt unanständig ist es für solche, die durch die Gnade Gottes so gesegnet und begünstigt worden sind, sich selbst zu rühmen oder darauf stolz zu sein, was sie besitzen oder was sie sind. Aller Ruhm gebührt dem Herrn: „Wer sich rühmt, rühme sich dessen: Einsicht zu haben und mich zu erkennen, daß ich der HERR bin, der Gnade, Recht und Gerechtigkeit übt auf der Erde; denn daran habe ich Gefallen, spricht der HERR.” – Jeremia 9:22

Die Schriften erklären: „Denn Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.” – 1. Petrus 5:5 Daher können wir mit Sicherheit daraus schließen, daß in dem Umfang, in dem sich Fußstapfennachfolger des Meisters hochmütig zeigen, ihnen Gott und Sein Sohn Christus Jesus im gleichen Maß widerstehen, und sie im gleichen Umfang ohne die Gnade sein werden, die andererseits ihr Teil sein würde, wenn sie die richtige Demut zeigen würden. Welchen wirklichen Fortschritt können wir als Christen machen, wenn Gott und Christus uns widerstehen? Jesus gibt uns die Antwort: „Ohne mich könnt ihr nichts tun!” – Johannes 15:5

Ohne des Herrn Gnade können wir sicherlich keine geistigen Früchte entwickeln oder zur Reife bringen. Noch viel weniger werden wir dazu imstande sein, irgendetwas von bleibendem Wert zu vollbringen, wenn uns der Himmlische Vater aufgrund von geheimem oder verborgenem Stolz des Herzens widersteht. Wenn wir uns irgendwie selbst rühmen und aufgeblasen sind, ist dies eine Offenbarung, daß wir keine vollständige Liebe besitzen, denn wie unser Leittext sagt, „tut die Liebe nicht groß und bläht sich nicht auf”.

Ganz im Gegenteil wird der Christ ermahnt, „sich mit Demut zu bekleiden”. Wie sehr willkommen ist solch eine Bekleidung, und wie wundervoll schmückt sie die treuen Nachfolger Christi! Wie ärmlich und erbärmlich bekleidet sind dagegen diejenigen, deren Mantel oder Bedeckung der Stolz ist. Nicht nur ist die Demut eine wunderbare Bekleidung für die Heiligen, sondern sie hilft auch die Unvollkommenheiten ihrer gefallenen Menschlichkeit zu bedecken. Hochmut und Stolz sind jedoch so unerwünscht, daß es nicht einmal sein sollte, zu wissen, wofür sie in Wirklichkeit stehen, während dies bei dem Sichtbarwerden der Demut angebracht wäre. Als Christen sollten unsere Sinne und Gedanken bereit sein, gegen den Stolz in jeder Form zu kämpfen, wie gering und unbedeutend die Symptome auch sein mögen. Wir sollten auch lernen, den Hochmut sogleich zu erkennen, in welcher Form er auch immer erscheint, ob als Neid, Verleumdung, Sturheit, verletzte Gefühle, Selbstsicherheit, der Haltung, alles zu wissen, dem Streben nach hohen Zielen oder Ambitionen, der Gehässigkeit, Eitelkeit, Heuchelei, selbst in einem stolzen Blick, oder sogar bei einem hochmütigen Ton in der Stimme. Wir werden besser vorbereitet sein, diesem Widersacher zu widerstehen, wenn wir lernen, es rechtzeitig zu erkennen. Daher ist es für uns mehr als angemessen, einen Einblick in das Leben solcher zu haben, die uns als Beispiele in der Schrift gegeben werden.

Beispiele in der Schrift

Der erste Charakter, der uns in den Sinn kommt, wenn wir an Hochmut denken, ist Luzifer. Als er erschaffen wurde, muß er außerordentlich schön und strahlend gewesen sein, und vielleicht in seinem Glanz andere himmlische Wesen weit übertreffend. Bedauerlicherweise wurde ihm jedoch seine Schönheit und sein Glanz zu einer Falle, denn es steht geschrieben: „Dein Herz wollte hoch hinaus wegen deiner Schönheit, du hast deine Weisheit zunichte gemacht um deines Glanzes willen.” – Hesekiel 28:17 Wir erkennen bei ihm die verheerende Wirkung von Stolz und Ehrgeiz. Wie entwürdigte und verdarb er seinen Charakter, als er in seinem Herzen sagte: „Zum Himmel will ich hinaufsteigen, hoch über den Sternen Gottes meinen Thron aufrichten und mich niedersetzen auf den Versammlungsberg im äußersten Norden. Ich will hinaufsteigen auf Wolkenhöhen, dem Höchsten mich gleichmachen.” – Jesaja14:13 und 14

Wir wollen über Luzifers Beispiel gut nachdenken und sorgfältig beachten, wie in seinem Fall Hochmut und Stolz der Gedanken den Weg zur völligen Verderbtheit seines Herzens ebnete. Sein Stolz führte zu anderen Sünden und letztlich zur völligen Erniedrigung seines Charakters. Dieser brachte ihn zur tiefsten Tiefe der Verderbtheit, indem er dem Gott der Gnade bis zum äußersten seiner Möglichkeit widerstand. Luzifers Niedergang sollte uns vor Hochmut und Stolz warnen, um denselben zu verachten und auch in seiner geringsten Erscheinungsform zu verabscheuen.

Es gab von alters her einen heiligen, vom Herrn geliebten, sich aufopfernden Menschen, der „sehr demütig war, mehr als alle Menschen die auf dem Erdboden waren”. – 4. Mose 12:3 Er diente 40 Jahre lang treu dem Herrn, machte sich aber bei einer Gelegenheit des geistigen Hochmuts und der Selbstsicherheit schuldig. Es war Mose, der die meiste Zeit seines Dienstes demütig und niedriggesinnt war, dessen Eintritt in das verheißene Land aber verhindert wurde, weil er in einer Handlung eigenwilligen Stolz zeigte.

Dies geschah, als die Kinder Israel in der Wüste dürsteten und Mose um Wasser bedrängten. Mose war befohlen worden den Fels anzusprechen, um Wasser für sie hervorzubringen. – 4. Mose 2:9 Erzürnt über das Volk sagte er: „Hört doch, ihr Widerspenstigen! Werden wir euch Wasser aus diesem Felsen hervorbringen?” Dann, anstatt den Felsen anzusprechen, wie ihm befohlen worden war, schlug Mose diesen zwei Mal. Aufgrund dieser Handlung des Ungehorsams wurde Mose nicht erlaubt, die Israeliten in das Land Kanaan zu führen. – 4. Mose:10 – 12

Die Lektion für uns liegt tatsächlich darin, daß obwohl er ein so demütiger und niedriggesinnter Charakter war, er für einen Augenblick von Stolz und Selbstgefälligkeit erfüllt es verfehlte, dem Herrn vor dem Volk zu gehorchen. Auch wir könnten versucht werden unsere eigene Wichtigkeit zu erhöhen, wenn der Herr uns über Jahre hinweg mit den Vorrechten des Dienstes geehrt hat, und wir vielleicht weniger demütig und niedriggesinnt als zu Beginn unseres Laufes sein sollten, wie es bei Mose der Fall war. Wie sehr sorgfältig müssen wir darin sein, daß wir nicht das Gefühl bekommen, daß wir die Herrlichkeit für uns in Anspruch nehmen sollten, die Gott allein gebührt.

Wir bemerken wie vor dieser Erfahrung die Breite und die Schönheit der Demut des Mose war. Bei einer Gelegenheit hörte Josua zwei junge Männer, Eldad und Medad, im Lager Israels prophezeien. Er sagte: „Mein Herr Mose, halte sie zurück. Aber Mose erwiderte: ’Eiferst du für mich? Bestünde doch das ganze Volk des HERRN aus Propheten, weil der HERR seinen Geist auf sie gelegt hat’.” – 4. Mose 11:27 – 29 Wenn Mose auch nur irgendeinen Stolz in seinem Herzen gehabt hätte, wie leicht hätte er dann mit Josuas fehlerhaftem Rat übereinstimmen können. Das Volk des Herrn sollte immer ein Herz wie das von Mose besitzen, frei von Stolz und Neid. Wie dankbar sind wir, daß Mose in der ganzen Länge seines Lebens im Dienst danach trachtete, Gott zu gefallen, obwohl er nicht vollkommen war. Er wird vom Apostel Paulus als einer der großen Alttestamentlichen Glaubenshelden in Hebräer 11:23 – 29 erwähnt. Wir können uns damit trösten, wenn auch wir es zeitweise durch gezeigten Stolz an der rechten Herzensstellung ermangeln lassen.

Ein anderes Beispiel wie der demütig Gesinnte oft zum Stolz erhöht werden kann, finden wir bei Saulus, dem ersten König von Israel. Als ihm anfänglich mitgeteilt wurde, daß Israel ihn zum König zu machen wünschte, erwiderte er: „Bin ich nicht ein Benjaminiter und aus einem der kleinsten Stämme Israels, und ist meine Sippe nicht die geringste unter allen Sippen des Stammes Benjamin?” – 1. Samuel 9:21 Als dann Samuel ihn dem Volk und dem Herrn als den König Israels vorstellen wollte, konnte Saul nicht gefunden werden, denn er hatte sich unter dem Gerät versteckt. – 1. Samuel 10:21 und 22

Wie schnell schien Saul seinen demütigen Beginn zu vergessen und zu fühlen, daß er wichtig genug war, zu entscheiden, welchen Teil der Anordnungen Gottes er einhalten sollte, und welchen er weglassen konnte. – 1. Samuel 15:1 – 23 Er erinnerte sich nicht mehr länger daran, daß er von der geringsten unter allen Sippen des Stammes Benjamin war, als er vor dem Volk ausrief: „Sie haben David Zehntausende gegeben, und mir haben sie (nur) die Tausende gegeben.” – 1. Samuel 18:8 Der Gedanke, daß David als ein geringer Hirtenknabe berühmter und ein größerer Kriegsheld als er selbst sein sollte, konnte der stolze und arrogante König nicht ertragen.

Was war geschehen? Saul hatte seine eigene Unzulänglichkeit und Bedeutungslosigkeit vergessen und daß seine Anstrengungen darum erfolgreich gewesen waren, weil Gott durch ihn dies bewirkt hatte. Dies vergessend war er willens zu glauben, daß alles Ansehen und alle Herrlichkeit ihm allein zustehe. Samuel wurde gesandt um ihn zu erinnern: „Wurdest du nicht, als du gering in deinen Augen warst, das Oberhaupt der Stämme Israels? Und der HERR salbte dich zum König über Israel.” – 1. Samuel 15:17

Als des Herrn gesalbtes Volk können auch wir leicht unsere eigene Unwürdigkeit vergessen und beginnen die Worte des Lobes und des Beifalls von unseren Geschwistern oder Mitmenschen wertzuschätzen. Das gesegnete Werk der Verkündigung der herrlichen Wahrheit kann in unseren Gedanken besonders dann, wenn es erfolgreich ist, schnell dazu führen, dies als unseren eigenen Erfolg zu betrachten. Wie wichtig ist es jedoch, sich dessen zu erinnern, daß bei jedem Erfolg „es vom HERRN geschehen ist, es ist ein Wunder vor unseren Augen”. – Psalm 118:23

Während das Volk des Herrn im allgemeinen demütig gesinnt ist und den Dingen, die niedrig sind, zuneigt, führt der Herr Sein Volk oft zu einer höheren Stellung in Seinem Dienst oder zu einem wesentlichen Erfolg in dem christlichen Ringen. – Römer 12:16 An dieser Stelle erscheint es als eine schwierige Prüfung, in der des Herrn Volk leicht durch Stolz zum Straucheln gebracht werden kann. Mit ihren Lippen mögen solche Gott ehren für das, was Er getan hat, aber in ihren Herzen können sie versucht werden, zu fühlen, daß letztlich ihre Talente wertgeschätzt werden.

Wir denken hier auch über einen weniger prominenten Charakter der Bibel nach, einen, dessen Rat sehr geschätzt war und auch vom König David und seinem Sohn Absalom wertgeschätzt wurde. Uns wird wörtlich mitgeteilt, daß „der Rat Ahitofels aber, den er in jenen Tagen gab, war, als wenn man das Wort Gottes befragte; so (viel galt) jeder Rat Ahitofels sowohl bei David als auch bei Absalom.” – 2. Samuel 16:23

Gewöhnlich wurde sein Rat gut aufgenommen und befolgt, aber als Absalom gegen seines Vaters Herrschaft rebellierte und ihn bekämpfte, befragte er Ahitofel, was das  beste Vorgehen wäre, den Sieg über seinen Vater zu erlangen. Ahitofel gab ihm den Rat, zwölftausend Mann auszuwählen und David nachzujagen und ihn gefangen zu nehmen, während er müde und schutzlos wäre. Absalom hörte jedoch auf einen anderen Ratgeber, der dachte, daß Ahitofels Rat nicht gut wäre und zu einem anderen Verhalten riet, das Absalom mehr zusagte. Durch des Herrn überwaltende Vorsehung wurde Ahitofels Rat verworfen. – 2. Samuel 17:1 – 22

Die uns interessierende Lektion liegt in der Tatsache, daß Ahitofel, als er erkannt hatte, daß sein Rat nicht befolgt wurde, den Schmerz der Demütigung empfand, der größer war, als sein Wunsch zu leben. Sein Rat, der immer geschätzt war und wertgeschätzt wurde, wurde plötzlich ignoriert, und seine Gefühlswelt brach zusammen. Sein Stolz und seine Würde konnten solch einer Schmach nicht standhalten, und „er bestellte sein Haus und erhängte sich”. – 2. Samuel 17:23

Fragen, über die wir nachdenken können

  • Wir können von den vorhergehenden Beispielen Lektionen lernen, wenn wir erkennen, wie Stolz den Geist beherrschen kann. Es ist gut uns selbst zu prüfen und zu fragen:
  • Ärgere ich mich und fühle ich mich beleidigt, wenn mein Rat und mein Vorschlag ignoriert oder zunichte gemacht werden?
  • Zweifle ich Feststellungen, die meine Fähigkeiten unterbewerten oder meine Güte in Zweifel ziehen, schnell an?
  • Empfinde ich große Verlegenheit, wenn andere mit weniger Hintergrund Fragen beantworten können, die ich nicht beantworten kann?
  • Fühle ich mich über diejenigen, die auf einen Fehler von mir hinweisen, empört?
  • Ermutige ich zu Komplimenten und Lobpreisungen?
  • Beeile ich mich, Leute „in ihre Schranken zu weisen”?
  • Gehe ich Vorwurf und Haß gegenüber Anweisungen besonders dann aus dem Weg, wenn sie von solchen kommen, von denen ich fühle, daß sie von des Herrn Volk weniger geschätzt werden?
  • Schmälere ich die Taten anderer?

Wenn unsere Antworten auf einige oder alle dieser Fragen bestätigend sind, dann wird eine wesentliche Verbesserung notwendig sein, denn es würde bedeuten, daß ein gewisses Maß von Stolz in unseren Herzen vorhanden ist, der, wenn es ihm erlaubt wird, sich zu entwickeln, Schiffbruch in unserem christlichen Leben bewirken könnte.

Ein anderes Beispiel von einem, der sehr stolz und aufgeblasen war, finden wir im Buch Esther. Dieser war Haman. Er war einer der geehrtesten Diener des Medo-Persischen Königs Ahasveros. Haman wurde zu einer Stellung der Ehre über die Fürsten, die mit ihm waren, erhoben, so daß allen befohlen wurde, sich vor ihm zu verneigen. Dies befriedigte sein Ego in nicht geringem Maße. Es gab jedoch einen bestimmten Mann mit Namen Mordekai, der ein Jude war, und der sich unter keinen Umständen vor ihm verbeugen und ihm Ehrfurcht erweisen wollte. Daher war Haman von Zorn und Empörung gegen Mordekai und seine Verwandten, die Juden, erfüllt. Haman hatte mit dem König Ahasveros verabredet, daß die Juden zu einem festbestimmten Datum vernichtet werden sollten, und er plante darüber hinaus, daß Mordekai an einen Galgen gehängt werden sollte, der zu diesem Zweck besonders angefertigt worden war. – Esther, Kapitel 3 – 5

Als Haman zum König ging, um den Tod am Galgen für Mordekai anzuordnen, wurde er mit der Frage empfangen, „Was soll man dem Mann tun, an dessen Ehrung der König Gefallen hat?” – Esther 6:6 In seiner eitlen Einbildung war Haman überzeugt, daß der König dabei nur an ihn denken konnte. Dementsprechend schlug er vor, daß derjenige, den der König zu ehren wünschte, mit königlichen Kleidern bekleidet auf des Königs Pferd gesetzt werden sollte, und von dem edelsten der Fürsten angekündigt durch die Stadt geführt werden sollte, als einer, den der König zu ehren wünscht. – Esther 6:8 und 9

Zu Hamans Verdruß und Leidwesen mußte er feststellen, daß Mordekai derjenige war, den der König ehren wollte, und höchst schmerzlich für alle, wurde er mit der Aufgabe betraut, darauf zu achten, daß alles, was er dem König vorgeschlagen hatte, bis ins Detail ausgeführt wurde. So wurde Haman aufgetragen, Mordekai, den er mit den königlichen Kleidern bekleidet und auf des Königs Pferd gesetzt hatte, durch die Stadt zu führen und vor ihm auszurufen: „So wird dem Mann getan, an dessen Ehrung der König Gefallen hat.” – Esther 6:11

Der Schmerz der Erniedrigung war niederschmetternd für Haman, denn es wird gesagt, daß er „in sein Haus eilte, traurig und mit verhülltem Haupt”. – Derjenige, den er am meisten verachtete, war derjenige, den er vor dem Volk ehren mußte, aber es endete damit nicht. Im Verlauf des Geschehens deckte die Königin Esther vor dem König die Bosheit Hamans auf, und des Königs Zorn wurde nicht besänftigt, bis Haman an dem Galgen aufgehängt war, den er für Mordekai hatte errichten lassen. – Esther 7:7 – 10

Hier erkennen wir, in welche Richtung sich Stolz auswirkt, daß er nicht immer mit verfrühtem Tod endet, aber letztlich zu Enttäuschung und Bitterkeit der Seele führt. Wenn dies so unter den Gottlosen ist, wie viel mehr trifft es dann unter des Herrn Volk zu. Was für ein enormer Preis muß für Selbstverherrlichung gezahlt werden! Das „Ich” an die erste Stelle zu setzen, bedeutet sicherlich, Gottes Mißfallen zu erregen, und es stellt ein großes Hindernis dar, sich in dem Herrn zu freuen. Es kann wahrhaft gesagt werden, daß Stolz uns in keiner Weise bereichert, sondern vielmehr zur Verarmung der Seele führt.

Prüfung unserer Herzen

Unsere Herzen sind die Waage, mit der wir die verschiedenen Dinge, die uns zur Beurteilung vorgelegt werden, zu entscheiden haben, ob sie richtig oder falsch sind. Die Waage kann entweder sehr ungenau oder aber fein abgestimmt und gut ausgewogen sein. Der Christ, der lang genug in der Schule Christi gewesen ist, sollte vom Wort Gottes her ein sehr empfindliches Herz für das haben, was richtig und was falsch ist. Er sollte fähig sein, die Gewichte so einzusetzen, daß er Fragen des Lebens richtig abwägen kann. Nachsicht gegenüber geistigem Hochmut zu zeigen, würde diese Skala beeinträchtigen und eine Korrektur notwendig machen, bevor weiterer Fortschritt auf dem schmalen Weg erzielt werden kann.

Um vor geistigem Hochmut sicher zu sein und seinen verderblichen Einfluß auf unseren Charakter zu verhindern, ist eine tägliche Selbstprüfung erforderlich. Es geziemt sich für einen jeden von uns, zu Beginn eines Tages mit der Bitte um göttliche Weisheit und Führung zu unserem Himmlischen Vater zu kommen, und danach sich zu bemühen, den ganzen Tag hindurch in Übereinstimmung mit jenem Gebet zu leben. Zusätzlich sollten wir uns am Ende eines jeden Tages selbst prüfen, ob wir während dieses Tages die Dinge getan und die Worte gesprochen haben, die erkennen lassen, wie nah wir der Übereinstimmung mit unserem Gelübde der Weihung gekommen sind.

Wenn wir die tägliche Abrechnung mit dem Herrn über unsere Gedanken, Worte und unser Handeln fortsetzen, und wenn wir dies aus einem ehrenhaften, freudigen und richtig geleitetem Herzen tun, können wir sicher sein, daß wir uns selbst in der Liebe Gottes erhalten. Wir werden an Gnade und Liebe zunehmen, und es wird keinen Grund zum Straucheln für uns geben. – 1. Johannes 2:10